Sorgerecht für nichteheliche Väter

11.04.2011
Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes
Sorgerecht für Väter nichtehelicher Kinder Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss von 21.7.2010 AZ 1 BvR 420/09 den pauschalen Ausschluss des Vaters von der elterlichen Sorge für sein nichteheliches Kind für verfassungswidrig erklärt. Der Leitsatz der Entscheidung lautet: „Es verletzt das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art.6 Abs.2 GG, dass er ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen ist und nicht gerichtlich überprüfen lassen kann, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen.“ Bis zu diesem Beschluss war der nichteheliche Vater vom Sorgerecht für sein Kind ausgeschlossen, wenn die Mutter nicht bereit war, ihm das gemeinsame Sorgerecht zu geben. Gegen den Willen der nichtehelichen Mutter konnte er das Sorgerecht für sein Kind nur erhalten, wenn der Mutter das Sorgerecht entzogen wurde. Schon lange wurde kritisiert, dass diese Regelung zu einer verfassungswidrigen Benachteiligung des nichtehelichen Kindes gegenüber dem ehelichen Kind führte, wenn es bei seiner nur eingeschränkt erziehungsfähigen Mutter aufwachsen muss, obwohl es bei seinem erziehungsgeeigneteren und liebevolleren Vater aufwachsen könnte, siehe nur: Zenz und Salgo „Zur Diskriminierung der Frau im Recht der Eltern – Kind –Beziehung“, 1983, Seite 68; Marquardt / Lossen, Sexuelle missbrauchte Kinder in Gerichtsverfahren, Seite 75, 76, 1999). In der Praxis führte das dazu, dass sehr häufig, wenn ein nichteheliches Kind im Haushalt der Mutter gefährdet war, der nichteheliche Vater nicht einmal informiert wurde, geschweige denn geprüft wurde, ob das Kind in seinem Haushalt nicht besser aufgehoben wäre. Kinder wuchsen im Haushalt ihrer drogen- oder alkoholabhängigen Mütter auf. Kinder erlitten Vernachlässigung und Misshandlung, obwohl sie über einen liebevollen, erziehungsfähigen aber eben leider nichtehelichen Vater verfügten. Nichteheliche Kinder wurden darauf verwiesen, zu warten, bis Maßnahmen zur Förderung der Erziehungsfähigkeit ihrer Mütter griffen, während eheliche Kinder bei der Trennung ihrer Eltern ohne weiteres beim erziehungsfähigeren Vater aufwachsen durften. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010 beseitigt endlich diese verfassungswidrige Benachteiligung nichtehelicher Kinder in Deutschland. Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes gilt ab sofort folgende Regelung: Das Familiengericht kann dem nichtehelichen Vater die elterliche Sorge oder einen Teil der gemeinsamen elterlichen Sorge übertragen, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Bis zum Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung ist § 1672 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht dem Vater auf Antrag die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge überträgt, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Damit sind eheliche und nichteheliche Kinder endlich gleichgestellt. Der Vater kann also das Familiengericht um Überprüfung bitten. Bei dieser Überprüfung hat das Familiengericht aber zu beachten, dass dem Elternrecht der Mutter des nichtehelichen Kindes ebenfalls hinreichend Rechnung zu tragen ist. „Ihr die Sorge zu entziehen, ist nur gerechtfertigt, wenn es zur Wahrung des väterlichen Elternrechts keine andere Möglichkeit gibt, die weniger in das mütterliche Elternrecht eingreift, und wenn gewichtige Kindeswohlgründe vorliegen, die den Sorgerechtsentzug nahelegen. Weniger einschneidend in das Elternrecht der Mutter als der Entzug der elterlichen Sorge wäre eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern. Deshalb ist auch in einem Verfahren auf Übertragung der Alleinsorge von der Mutter auf den Vater eines nichtehelichen Kindes zunächst zu prüfen, ob nicht eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern angezeigt sein könnte, die dem Kindeswohl nicht abträglich ist. Sofern dies der Fall ist, hat zur Wahrung des mütterlichen Elternrechts eine Übertragung der Alleinsorge auf den Vater zu unterbleiben. Ansonsten können gewichtige Belange des Kindes und sein Wohl den Wechsel der Alleinsorge auf den Vater rechtfertigen."